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Alle Oberthemen / Psychologie / Arbeits- und Organisationspsychologie, Wirtschaftspsychologie / VO Arbeits-, Organisations- & Wirtschaftspsychologie
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Welche Rolle spielen Gerüchte in Organisationen? (Definition, 3 Prozesse, 5 Typen)
Ein Gerücht ist eine mit Tagesereignissen verbundene Behauptung, die geglaubt werden soll und gewöhnlich von Mensch zu Mensch mündlich weitergegeben wird. In der Regel liegen keine konkreten Belege vor, die deren Richtigkeit bestätigen könnten.

In Laborstudien mit dem bereits erwähnten Spiel "stille Post" haben Allport und Postman (1947) drei Prozesse entdeckt, die mit der Weitergabe von Gerüchten verbunden sind:
  • Levelling: Das Gerücht wird schnell kürzer, weniger detailliert und weniger komplex.
  • Sharpening: Bestimmte Aspekte des Gerüchts werden selektiv betont und übertrieben.
  • Assimilation: Das Gerücht wird in Einklang mit den bereits existierenden Vorurteilen und Interessen verzerrt.

In Feldstudien zeigte sich allerdings, dass bei der Verbreitung von Gerüchten eher wenige Verzerrungen auftraten, stattdessen werden in den ersten Phasen der Verbreitung die Details sogar enorm ausgebreitet (Kapferer, 1997).
Im Gegensatz zu den Laboruntersuchungen wollen in realen Situationen diejenigen, die Gerüchte weitergeben, ihre Zuhörer überzeugen – und das versuchen sie zu erreichen, indem sie die Details besonders eindrucksvoll ausschmücken.

Für die Verbreitung von Gerüchten in Organisationen ist besonders wichtig, dass es sich dabei um Informationen handelt, die von offiziellen Quellen noch nicht öffentlich bestätigt sind oder von diesen dementiert werden. Damit wird deutlich, dass Gerüchte immer in Konkurrenz zu den offiziell verbreiteten Informationen stehen und auf Wegen weitergegeben werden, die sich von der Leitung einer Organisation kaum kontrollieren lassen. Für die Kommunikation in Organisationen sind sie damit zentral.

Ob die mit Gerüchten verbundene Information verzerrt wird bzw. ob Gerüchte überhaupt weitererzählt werden, hängt vom Grad der Angst derjenigen ab, die ein Gerücht hören. In Situationen mit hoher Unsicherheit und Ambivalenz steigen Angst und Stress. In der Folge suchen die Betroffenen nach Informationen, mit denen sie sich die Angst erklären können, was die Wahrscheinlichkeit der Entstehung und Weitergabe von Gerüchten erhöht (Kapferer, 1997). In Organisationen ist das in allen krisenhaften Situationen, in denen keine befriedigenden offiziellen Informationen vorliegen, der Fall: Wenn Entlassungen, Umstrukturierungen oder Übernahmen anstehen, hält sich die Leitung der Organisation gewöhnlich so lange wie irgend möglich bedeckt, um ihre Handlungsspielräume zu erhöhen. Das sind dann wiederum genau die Situationen, in denen Gerüchte entstehen und sich rasant verbreiten.

In einem Krankenhaus, das sich in einem schwerwiegenden Wandlungsprozess befand, konnten fünf verschiedene Typen von Gerüchten identifiziert werden:
  • Änderungen der Arbeitsbedingungen;
  • die Ursachen des organisatorischen Wandels;
  • das schlechte Management des Wandels;
  • Konsequenzen des Wandels für die Leistung der Organisation;
  • reines »Geschwätz«.

Negative Gerüchte überwogen deutlich die positiven und Angestellte, die negative Gerüchte berichteten, litten unter stärkerem Stress verglichen mit ihren Kollegen.

Gerüchte können auch gezielt lanciert werden, z. B. um eine offizielle Stelle – die Unternehmensleitung oder den Betriebsrat – zu einer Reaktion zu zwingen. Umgekehrt kann die Leitung der Organisation ein Gerücht streuen, um Reaktionen der Belegschaft auf geplante kritische Entscheidungen zu testen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Gerüchte, die später von der Unternehmensleitung offiziell bestätigt werden, das Vertrauen der Belegschaft untergraben.

Mit der Zeit wird durch ständige Verbreitung von Gerüchten das Vertrauen in die offizielle Kommunikation abnehmen. Um das zu vermeiden, muss die Organisation eine auf Transparenz und Vertrauen zielende Kommunikationspolitik praktizieren (Kimmel, 2003). Führungsentscheidungen müssen offen kommuniziert, über Veränderungen im Unternehmen muss glaubwürdig, umfassend, regelmäßig und möglichst aktuell informiert werden. So können Gerüchte bereits zu Beginn der Verbreitung gestoppt werden.
Tags: Kommunikation
Quelle: VO05 Nerdinger
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Autor: coster
Oberthema: Psychologie
Thema: Arbeits- und Organisationspsychologie, Wirtschaftspsychologie
Schule / Uni: Universität Wien
Ort: Wien
Veröffentlicht: 24.04.2014

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