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Alle Oberthemen / Politik / System BRD / Politisches System BRD
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Was versteht Manfred G. Schmidt unter der „Politik des Mittleren Weges“? Wie beschreibt er den Wandel desselben seit 1990? Wird laut Schmidt die Politik des Mittleren Weges auch zukünftig weiter verfolgt werden? Begründen Sie diese Einschätzung.
Die "Politik des Mittleren Weges" nach Schmidt:

Die Politik des "Mittleren Weges" verläuft zwischen dem nordeuropäischen Wohlfahrtskapitalismus, dessen Regierung nach größtmöglicher sozialer Gleichheit, umfassendem wohlfahrtsstaatlichen Schutz und hohem Beschäftigungsstand streben, und dem liberalen Kapitalismus insbesondere der USA, dessen Regierung dem Markt Vorfahrt geben und den Staat am kürzeren Zügel führen.
Der Mittelweg zeichnet sich im Einzelnen durch die eigentümliche Kombination von 4 grundlegenden Weichenstellungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik aus:

1. sie gibt der Preisstabilitätspolitik Vorrang und nimmt dafür gegebenenfalls Arbeitslosigkeit in Kauf - an Stelle des Vorrangs für Vollbeschäftigung, gegebenenfalls unter Inkaufnahme höherer Inflation

2. sie strebt nach sozialverträglicher Bewältigung des "equality-efficiency"-Zielkonflikts sowohl durch Föderung der Wirtschaft als auch durch eine ehrgeizige Sozialpolitik - an Stelle der Priorität für Wirtschaftspolitik oder der Vorfahrt für Sozialpolitik

3. sie optiert für einen mittelgroßen "Steuer- und Sozialabgabenstaat", der eine trandferintensive Sozialpolitik und ein Staatsdienerheer von mittlerer Größe finanziert - an Stelle eines steuerfinanzierten, beschäftigungsintensiven Wohlfahrtsstaates

4. und sie delegiert viele gemeinschaftliche Aufgaben an die Verbände der Gesellschaft, einschließlich der Lohnpolitik und eines beträchtlichen Teils der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik -  an Stelle eines Staatsmonopols in der Daseinsvorsorge.

Der politische Kern des mittleren Weges in der BRD ist in seinem Parteiensystem, in dem 2 große Parteien mitwirken: SPD und Unionsparteien.

Wandel seit 1990:

5 Hauptaussagen lassen sich zur Kontinuität und Diskontinuität sagen:

1. fragilere Delegation
Ein großer Teil der Organisationen, an die der Staat Aufgaben zugeteilt hat, steht mittlweile "unter Stress" und ist in geringem Maße als zuvor fähig zur Absorption von Schocks.
Die Arbeitsteilung zwischen Staat und Interessenorganisation ist seit 1990 gewandelt. Davon zeugt die abnehmende
Steuerungskapazität der Tarifparteien in den Arbeitsbeziehungen. Die Verbände der Arbeitnehmer und Arbeitgeber experimentieren an abnehmender Organisationskraft und verminderter Verpflichtungsfähigkeit gegenüber deren Mitgliedern.
Auf verminderte Steuerungskraft deutet die geringe Fähigkeit der Arbeitgeber- und Nehmerverbände hin, wirschafts- und beschäftigungspolitische Pakete auf Branchenebene zu vereinbaren.

2.Kontinuität des mittelstarken "Steuer- und Sozialabgabenstaates" sowie abnehemnde Beschäftigung im öffentlichen Sektor:

Nach wie vor sind der Steuerstaat und der Sozialabgabestaat die wichtigesten Pfeiler der Staatsfinanzen, wenngleich die Staatsverschulden und die Gebühren unter den Einnahmequellen an Bedeutung gewonnen haben.
Die Beschäftigung im öffentlichen Sektor hat sich erheblich seit 1990 gewandelt. Sie ist mittlweile geriger aufgrund von Privatisierungsvorgängen bei Bahn,Post,usw.
Vom mäßigen Beschäftigungsgehalt des öff. Sektors gehen allesdings auch Nebenwirkungen aus: er intensiviert das Trilemma (Wolfgang Steeck) zwischen Tarifverhandlungen, Geldwertstabilität und Beschäftigung.
Diese Faktoren erschweren Deutschland den Weg in den steuerfinanzierten Ausbau der Beschäftigung im öff. Sektor.

3. Ungleichgewicht zwischen Sozial - und Wirtschaftspolitik
Das Trilemma verweist auch auf eine weitere Veränderung im mittleren Weg nach 1990: Die erhoffte Einheit von Wirtschaft- und Sozialpolitik ist in weite Ferne gerückt. Zu den üblichen innenpolitischen Einschränkungen dieses Balanceaktes gesellten sich die Kosten der deutschen Einheit sowie außenpolitsche und außenwirtschaftliche Veränderungen.
Auch die Finanzierung des deutschen Sozialpolitik wirkt mithin, soweit sie auf Sozialbeitragserhöhungen gegründet, wie eine beschäftigungsfeindliche Zusatzsteuer auf den Faktor Arbeit.

4. Das Ende der Führungsposition bei der Preisstabilität

Der harte Zielkonflikt zwischen Sozialschutz und Beschäftigung zeigt an, dass der Preis, der für den mittleren Weg zu bezahlen ist, höher als vor 1990.
Deutschland ist auch nicht mehr Spitzenreiter bei der Preisstabilität.

5. Höhere Kosten und reduzierter Nutzen des mittleren Weges

Die Verhärtung des Konflikts zwischen Tarifverhandlungen, mäßiger Stabilität, Sozialschutz und Beschäftigung erfordert größere Politikänderungen/Sanierungsreformen. Aus wirschafts- finanz- und beschäftigungspolitischem Blickwinkel istz die Eindämmung folgender Ungleichgewichte notwendig:
- Ungleichgewicht zwischen aufwändiger Sozialpolitik und nur noch mittlerer Wirtschaftskragt
- fehlende Balance zwischen Sozialstaat und schwächelnder Beschäftigung
- Verdränungskraft, den die Sozialpolitikfinanzierung in anderen finanziell kostspieligen Politikfeldern bewirkt.

Soll der Mittlere Weg auch zukünftig weiter verfolgt werden?


Die Politik des Mittleren Weges ist heutzutage erheblich teurer als vor 1990. Warum soll dann weiterhin dieser Weg beibehalten werden?
Ein klarer Richtungswechsel wäre für rational kalkulierende Entscheidungsträger riskant,ungewiss und teuer.
Zur Aufrechterhaltung des mittleren Weges trägt der "Staat der großen Koalition" bei, der politsche Kurswechsel nachhaltig erschwert (Gesetzgebung Bundestagsmehrheit etc.)
Neben dem Staat der großen Koalition wirkt auch eine hohe Vetospieler - und Mitreggentendichte in Deutschland als Reproduktionsmechanismus des mittleren Weges.
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Karteninfo:
Autor: Tobelibo
Oberthema: Politik
Thema: System BRD
Ort: Kassel
Veröffentlicht: 03.03.2010

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