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Gläubiger kann den Gesamtschuldner frei wählen
Gemäß § 421 Satz 1 BGB kann der Gläu­bi­ger frei wäh­len, wel­chen der Ge­samt­schuld­ner er in An­spruch neh­men will, so­weit sich sein Vor­ge­hen nicht als rechts­miss­bräuch­lich er­weist. Dabei ist er, wie der Bun­des­ge­richts­hof in einem ak­tu­el­len Ur­teil be­tont, grund­sätz­lich dem von ihm in An­spruch ge­nom­me­nen Ge­samt­schuld­ner ge­gen­über nicht ver­pflich­tet, auf aus­blei­ben­de Zah­lun­gen des an­de­ren Ge­samt­schuld­ners hin­zu­wei­sen.

Freie Wahl zwi­schen den Ge­samt­schuld­nern
Grund­sätz­lich kann der Gläu­bi­ger gemäß § 421 Satz 1 BGB frei wäh­len, wel­chen Ge­samt­schuld­ner er in An­spruch neh­men will. Der in An­spruch ge­nom­me­ne Ge­samt­schuld­ner hat dies hin­zu­neh­men.

Nach den für die Ge­samt­schuld gel­ten­den Grund­sät­zen trägt der Ge­samt­schuld­ner im Au­ßen­ver­hält­nis zum Gläu­bi­ger das Ri­si­ko dafür, dass der an­de­re Ge­samt­schuld­ner die ihm nach dem In­nen­ver­hält­nis ob­lie­gen­den Leis­tun­gen nicht (voll­stän­dig) er­bringt. Dies er­gibt sich zum einen aus § 421 Satz 1 BGB und zum an­de­ren aus § 426 BGB. Wäh­rend der Gläu­bi­ger gemäß § 421 Satz 1 BGB die Leis­tung nach sei­nem Be­lie­ben von jedem der Schuld­ner ganz oder zu einem Teil for­dern kann, sind die Ge­samt­schuld­ner gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB im Ver­hält­nis zu­ein­an­der grund­sätz­lich zu glei­chen An­tei­len ver­pflich­tet. Das heißt, dass sich der zah­len­de Ge­samt­schuld­ner bei dem an­de­ren Ge­samt­schuld­ner, mit dem er gleich­sam im sel­ben Lager steht, schad­los hal­ten muss. Des­halb ist der Gläu­bi­ger grund­sätz­lich dem von ihm in An­spruch ge­nom­me­nen Ge­samt­schuld­ner ge­gen­über auch nicht ver­pflich­tet, auf aus­blei­ben­de Zah­lun­gen des an­de­ren Ge­samt­schuld­ners auf­merk­sam zu ma­chen. In­so­fern ob­liegt es, so der BGH, dem Ge­samt­schuld­ner, sich bei dem an­de­ren Ge­samt­schuld­ner da­nach zu er­kun­di­gen, ob er sei­ner Zah­lungs­pflicht nach­kom­me.

Das Ge­setz weist ihm mit § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den an­de­ren Ge­samt­schuld­ner einen selb­stän­di­gen Aus­gleichs­an­spruch zu, der nicht etwa erst mit der Be­frie­di­gung des Gläu­bi­gers, son­dern schon mit der Ent­ste­hung des Ge­samt­schuld­ver­hält­nis­ses ent­steht1. Ist die Schuld fäl­lig, kann der mit­haf­ten­de Ge­samt­schuld­ner schon vor Er­brin­gung sei­ner ei­ge­nen Leis­tung von sei­nen Mit­schuld­nern ver­lan­gen, ihren An­tei­len ent­spre­chend an der Be­frie­di­gung des Gläu­bi­gers mit­zu­wir­ken und ihn von einer In­an­spruch­nah­me durch den Gläu­bi­ger frei­zu­stel­len2. Dem­ge­gen­über braucht der Gläu­bi­ger im All­ge­mei­nen keine Rück­sicht dar­auf zu neh­men, wel­cher Ge­samt­schuld­ner im In­nen­ver­hält­nis aus­gleichs­pflich­tig ist3. In der Regel ist einem Ge­samt­schuld­ner auch der Ein­wand ver­sagt, der Gläu­bi­ger hätte sich durch recht­zei­ti­gen Zu­griff bei dem im In­nen­ver­hält­nis ver­pflich­te­ten Ge­samt­schuld­ner be­frie­di­gen kön­nen und müs­sen4. Wenn der Gläu­bi­ger gemäß § 421 BGB das Recht hat, einen Ge­samt­schuld­ner in vol­lem Um­fang in An­spruch zu neh­men und ihn da­durch mit dem Re­gress­ri­si­ko zu be­las­ten, so kann al­lein das bil­li­gen­de Be­wusst­sein, dass da­durch die­sen Schuld­ner ein end­gül­ti­ger Ver­mö­gens­ver­lust tref­fen kann, für einen Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht aus­rei­chen5.

Gren­ze: Rechts­miss­brauch
Al­ler­dings sind der Wahl­frei­heit des Gläu­bi­gers nach dem Grund­satz von Treu und Glau­ben Gren­zen ge­setzt, näm­lich dann, wenn sich das Vor­ge­hen des Gläu­bi­gers gegen einen be­stimm­ten Ge­samt­schuld­ner als rechts­miss­bräuch­lich dar­stellt6. Ob dies der Fall ist, ist am Maß­stab der §§ 421 ff. BGB fest­zu­stel­len. Dabei kommt es grund­sätz­lich nicht auf die Art des der Ge­samt­schuld zu­grun­de lie­gen­den Rechts­ver­hält­nis­ses an. Rechts­miss­bräuch­lich er­scheint die In­an­spruch­nah­me des – im In­nen­ver­hält­nis nicht ver­pflich­te­ten – Ge­samt­schuld­ners gemäß § 421 Satz 1 BGB, wenn der Gläu­bi­ger durch sein Ver­hal­ten für jenen ein be­son­de­res Ri­si­ko be­grün­det hat. Dies ist etwa der Fall, wenn er eine ding­li­che Si­cher­heit auf­gibt, die von einem Ge­samt­schuld­ner be­stellt wor­den ist und im Falle der Be­frie­di­gung des Gläu­bi­gers durch einen – im In­nen­ver­hält­nis aus­gleichs­be­rech­tig­ten – an­de­ren Ge­samt­schuld­ner gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 412, 401 Abs. 1 BGB auf die­sen über­ge­gan­gen wäre7. Ein Miss­brauch kann auch vor­lie­gen, wenn sich der Gläu­bi­ger des­we­gen nur an einen von meh­re­ren Ge­samt­schuld­nern hält, weil er aus miss­bil­li­gens­wer­ten Mo­ti­ven die Ab­sicht hat, ge­ra­de die­sem Schuld­ner Scha­den zu­zu­fü­gen8.

Eine Warn- bzw. Hin­weis­pflicht des Gläu­bi­gers hin­sicht­lich aus­blei­ben­der Zah­lun­gen des an­de­ren Ge­samt­schuld­ners, deren Ver­let­zung den Ein­wand nach § 242 BGB er­öff­nen könn­te, wäre nach die­sen Grund­sät­zen al­len­falls dann be­grün­det, wenn der Gläu­bi­ger dem von ihm in An­spruch ge­nom­me­nen Ge­samt­schuld­ner in treu­wid­ri­ger Weise den – un­zu­tref­fen­den – Ein­druck ver­mit­telt hätte, der an­de­re Ge­samt­schuld­ner habe re­gel­mä­ßig ge­zahlt, und ihn so davon ab­ge­hal­ten hätte, die er­for­der­li­chen Er­kun­di­gun­gen ein­zu­ho­len, um den an­de­ren Schuld­ner ge­ge­be­nen­falls noch recht­zei­tig in An­spruch neh­men zu kön­nen.

Ähn­li­che Grund­sät­ze wie im Recht der Ge­samt­schuld gel­ten im Si­che­rungs­recht, na­ment­lich im Bürg­schafts­recht. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ist der Gläu­bi­ger grund­sätz­lich nicht ver­pflich­tet, den künf­ti­gen Bür­gen un­ge­fragt über den Um­fang sei­nes Ri­si­kos oder die Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se des Haupt­schuld­ners zu un­ter­rich­ten9. Weil das Ri­si­ko, aus einer Bürg­schaft ohne Ge­gen­leis­tung des Gläu­bi­gers in An­spruch ge­nom­men zu wer­den, all­ge­mein be­kannt und zudem durch die Schrift­form offen ge­legt ist, kann der Gläu­bi­ger davon aus­ge­hen, dass der Bürge sich über die Wahr­schein­lich­keit, in An­spruch ge­nom­men zu wer­den, aus­rei­chend in­for­miert hat10.

Eine Aus­nah­me von die­sem Grund­satz ist nur für den Fall an­er­kannt, dass der Gläu­bi­ger durch sein Ver­hal­ten er­kenn­bar einen Irr­tum des Bür­gen über des­sen er­höh­tes Ri­si­ko ver­an­lasst hatte11.

Bun­des­ge­richts­hof, Ur­teil vom 16. De­zember 2009 – XII ZR 146/07
Tags: frei wählen, gesamtschuldner
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Autor: Zungenkoeder
Oberthema: Jura
Thema: Zivilrecht
Veröffentlicht: 19.03.2010

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