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Die un­wirk­sa­me Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids hin­dert nach einem ak­tu­el­len Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs den Ein­tritt der Ver­jäh­rungs­hem­mung nicht, wenn
■der An­spruchs­in­ha­ber für die wirk­sa­me Zu­stel­lung alles aus sei­ner Sicht Er­for­der­li­che getan hat,
■der An­spruchs­geg­ner in un­ver­jähr­ter Zeit von dem Er­lass des Mahn­be­scheids und sei­nem In­halt Kennt­nis er­langt hat und
■die Wirk­sam­keit der Zu­stel­lung eben­falls in un­ver­jähr­ter Zeit in einem Rechts­streit ge­prüft wird.
In § 204 Abs. 1 BGB sind die­je­ni­gen Mög­lich­kei­ten der Rechts­ver­fol­gung auf­ge­führt, die der An­spruchs­in­ha­ber er­grei­fen muss, um den Ein­tritt der Ver­jäh­rung des An­spruchs durch ihre Hem­mung zu ver­hin­dern. Sie sind, so­weit hier von In­ter­es­se, auf die Ein­lei­tung eines förm­li­chen ge­richt­li­chen Ver­fah­rens mit dem Ziel der An­spruchs­durch­set­zung ge­rich­tet. Al­ler­dings tritt die Ver­jäh­rungs­hem­mung nicht schon mit dem Tä­tig­wer­den des An­spruchs­in­ha­bers, son­dern erst dann ein, wenn der An­spruchs­geg­ner davon durch die Zu­stel­lung der Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bzw. des Mahn­be­scheids (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB), eines sons­ti­gen ver­fah­rens­ein­lei­ten­den An­trags (§ 204 Abs. 1 Nr. 2, 7 und 9 BGB) oder durch die Ver­an­las­sung der Be­kannt­ga­be des bei der zu­stän­di­gen Stel­le ein­ge­reich­ten Gü­te­an­trags (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB) oder des erst­ma­li­gen An­trags auf Ge­wäh­rung von Pro­zess­kos­ten­hil­fe (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB) Kennt­nis er­langt.

Ob das Be­ru­fungs­ge­richt, wie die Re­vi­si­on unter Be­ru­fung auf das Ur­teil des Bun­des­ge­richts­hofs vom 19. De­zember 20011, auf die Re­ge­lung in § 167 ZPO und auf die Vor­schrift des § 206 BGB meint, zu Un­recht an­ge­nom­men hat, dass der von der Klä­ge­rin am 10. April 2006 be­an­trag­te Mahn­be­scheid der Be­klag­ten nicht wirk­sam zu­ge­stellt wor­den ist, kann of­fen­blei­ben. Denn es hat dem Um­stand, dass die Recht­zei­tig­keit des Ein­spruchs gegen den Voll­stre­ckungs­be­scheid und damit auch die Wirk­sam­keit der Zu­stel­lung in dem ers­ten erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren vor dem Ab­lauf der Ver­jäh­rungs­frist ge­prüft wor­den ist, nicht die zu­tref­fen­de recht­li­che Be­deu­tung bei­ge­mes­sen und des­halb feh­ler­haft die Ver­jäh­rungs­hem­mung wegen un­wirk­sa­mer Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids ver­neint.

Zwar setzt der Ein­tritt der Ver­jäh­rungs­hem­mung, wenn sich der An­spruchs­in­ha­ber – wie hier – für die ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung des An­spruchs im Wege des Mahn­ver­fah­rens (§§ 688 ff. ZPO) ent­schei­det, nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB die wirk­sa­me Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids an den An­spruchs­geg­ner in­ner­halb der Ver­jäh­rungs­frist vor­aus. Aus­nah­men hier­von er­ge­ben sich aus dem Pro­zess­recht. Nach § 167 ZPO tritt die Hem­mung der Ver­jäh­rung be­reits mit dem Ein­gang des An­trags auf Er­lass des Mahn­be­scheids bei dem zu­stän­di­gen Amts­ge­richt (§ 689 ZPO) ein, wenn die Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids dem­nächst er­folgt. Nach § 189 ZPO gilt der Mahn­be­scheid, des­sen form­ge­rech­te Zu­stel­lung nicht nach­zu­wei­sen ist oder der unter Ver­let­zung zwin­gen­der Zu­stel­lungs­vor­schrif­ten zu­ge­gan­gen ist, in dem Zeit­punkt als zu­ge­stellt, in wel­chem er dem Zu­stel­lungs­adres­sa­ten tat­säch­lich zu­ge­gan­gen ist.

Aber das be­deu­tet nicht, die Hem­mung der Ver­jäh­rung im Fall der un­wirk­sa­men Zu­stel­lung aus­nahms­los nicht ein­tre­ten zu las­sen. Ent­schei­dend ist viel­mehr, ob im Ein­zel­fall Sinn und Zweck der Vor­schrift des § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB ge­wahrt sind. Sie be­ste­hen zum einen darin, si­cher­zu­stel­len, dass ein An­spruch nicht ver­jährt, wenn der An­spruchs­in­ha­ber an­ge­mes­se­ne und un­miss­ver­ständ­li­che Schrit­te zur Durch­set­zung des An­spruchs er­grif­fen2, hier also den Er­lass des Mahn­be­scheids be­an­tragt hat. Zum an­de­ren soll der An­spruchs­geg­ner so­weit wie mög­lich davor ge­warnt wer­den, dass von ihm in un­ver­jähr­ter Frist die Er­fül­lung eines An­spruchs ver­langt wird3. Bei­des wird nicht nur durch die wirk­sa­me Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids, son­dern auch da­durch er­reicht, dass der An­spruchs­in­ha­ber für die wirk­sa­me Zu­stel­lung alles aus sei­ner Sicht Er­for­der­li­che getan hat, der An­spruchs­geg­ner trotz un­wirk­sa­mer Zu­stel­lung in un­ver­jähr­ter Zeit von dem Er­lass des Mahn­be­scheids und sei­nem In­halt Kennt­nis er­langt und die Wirk­sam­keit der Zu­stel­lung eben­falls in un­ver­jähr­ter Zeit in einem Rechts­streit ge­prüft wird. In einem sol­chen Fall be­fin­den sich beide Par­tei­en im Hin­blick auf den Ein­tritt der Ver­jäh­rungs­hem­mung in der­sel­ben Lage, in der sie sich bei einer wirk­sa­men Zu­stel­lung be­fän­den. Gleich­wohl die noch­ma­li­ge Zu­stel­lung des Mahn­be­scheids zu ver­lan­gen, be­deu­tet ein un­nö­ti­ges Be­har­ren auf der Ein­hal­tung einer Förm­lich­keit, die nicht ein­mal das Ge­setz für den Ein­tritt der Ver­jäh­rungs­hem­mung in jedem Fall ver­langt.

Bun­des­ge­richts­hof, Ur­teil vom 26. Fe­bru­ar 2010 – V ZR 98/09
Tags: hemmung, mahnbescheid, verjährung, zustellung
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Autor: Zungenkoeder
Oberthema: Jura
Thema: Zivilrecht
Veröffentlicht: 19.03.2010

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