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All main topics / Jura / WEG-Recht / WEGrecht-Urteile
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Nießbraucher hat nicht immer ein Stimmrecht
WEG § 25 Abs. 2 Satz 1; BGB § 1066
a) Die Belastung des Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch läßt das Stimmrecht
des Wohnungseigentümers (§ 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) unberührt. Das Stimmrecht geht auch hinsichtlich einzelner Beschlußgegenstände nicht auf den Nießbraucher über. Ferner muß der Wohnungseigentümer sein Stimmrecht weder
allgemein noch in einzelnen Angelegenheiten gemeinsam mit dem Nießbraucher ausüben.
b) Aus dem zwischen ihnen bestehenden (Begleit-)Schuldverhältnis kann der Wohnungseigentümer
jedoch im Einzelfall gegenüber dem Nießbraucher verpflichtet
sein, bei der Stimmabgabe dessen Interessen zu berücksichtigen, nach dessen Weisung zu handeln oder ihm eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist für das Entstehen und den Umfang einer solchen Verpflichtung insbesondere die Regelung zur Tragung der Kosten des nießbrauchsbelasteten Wohnungseigentums maßgeblich. Durch eine solche
Verpflichtung wird die Gültigkeit der Beschlußfassung jedoch nicht berührt.
BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - V ZB 24/01 - OLG Hamm
LG Essen AG Essen
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. März 2002 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Lemke und Dr. Gaier
beschlossen:
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer
des Landgerichts Essen vom 9. November 2000 wird
auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde
wird auf 5.112,92 € festgesetzt.
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Gründe:
I.
Die Beteiligten sind bzw. waren bei Einleitung des vorliegenden Verfahrens
Wohnungseigentümer einer aus sieben Wohnungen bestehenden Wohnanlage
in E., die von dem Beteiligten zu 6 verwaltet wird. Eine der Wohnungen
und drei Garagen stehen im Eigentum des Antragstellers, jeweils zwei weitere
im Eigentum der Beteiligten zu 2 und zu 3. Das Wohnungseigentum der Beteiligten
zu 2 und zu 3 ist mit einem Nießbrauch zugunsten des Antragstellers,
ihres Großvaters, belastet.
In Abwesenheit des Antragstellers fand am 13. März 2000 in E. eine Eigentümerversammlung
der Gemeinschaft statt, bei der 687/1000-Miteigentumsanteile
vertreten waren. Zu Tagesordnungspunkt 2 wurde der zuvor durch
gerichtlichen Beschluß zum Verwalter bestellte Beteiligte zu 6 "einstimmig" in
sein Amt gewählt, ferner zu Tagesordnungspunkt 3 ebenfalls "einstimmig" der
Wirtschaftsplan für das Jahr 2000 beschlossen.
Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die in der Eigentümerversammlung
gefaßten Beschlüsse für ungültig zu erklären. Er habe die Einladung
zu der Eigentümerversammlung erst am 8. März 2000 und damit verspätet
erhalten. Auch sei der Versammlungsort nicht in der Nähe der Wohnungseigentumsanlage
gelegen. Bei den Abstimmungen seien überdies unzulässigerweise
die Stimmen der Beteiligten zu 2 und 3 mitgezählt worden; denn deren
Stimmrecht habe ihm allein als Nießbraucher zugestanden. Das Amtsgericht
hat den Antrag zurückgewiesen, die hiergegen gerichtete sofortige Be-
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schwerde ist ohne Erfolg geblieben. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers
möchte das Oberlandesgericht Hamm zurückweisen. Es sieht sich
hieran jedoch durch die Entscheidungen des Kammergerichts in Berlin vom
1. April 1987 (OLGZ 1987, 417) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts
Hamburg vom 10. September 1987 (NJW-RR 1988, 267) gehindert und hat
deshalb die Sache mit Beschluß vom 19. Juni 2001 (NZM 2001, 1086 = ZMR
2001, 1004 = ZWE 2001, 560 = RNotZ 2001, 450 = OLGR Hamm 2001, 375 =
DWE 2001, 154) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2
FGG).
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, bei einem Nießbrauch am Wohnungseigentum
sei in allen Angelegenheiten nur der Wohnungseigentümer,
nicht aber der Nießbraucher stimmberechtigt. Demgegenüber vertreten das
Kammergericht (OLGZ 1987, 417) und das Oberlandesgericht Hamburg (NJWRR
1988, 267) in auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen die
Auffassung, in Fällen der Verwaltung, des Gebrauchs sowie der Nutzung des
belasteten Wohnungseigentums - und damit auch bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans
- stehe allein dem Nießbraucher am Wohnungseigentum das
Stimmrecht zu. Die Divergenz beider Auffassungen rechtfertigt die Vorlage.
- 6 -
III.
Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) ist zulässig
(§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG, §§ 27, 29 FGG), jedoch nicht begründet.
1. Die Veräußerung des Wohnungseigentums der Beteiligten zu 5 nach
Einleitung des Anfechtungsverfahrens hat auf deren Stellung als Verfahrensbeteiligte
keinen Einfluß (Senat, Beschl. v. 23. August 2001, V ZB 10/01, NJW
2001, 3339, 3340 f, zur Veröffentlichung in BGHZ 148, 335 vorgesehen). Hiervon
sind die Vorinstanzen im Ergebnis zu Recht ausgegangen.
2. Das Beschwerdegericht hat allerdings, worauf das vorlegende Gericht
zutreffend hinweist, zu Unrecht die Antragsbefugnis des Antragstellers verneint.
Hierbei kommt es nicht auf die strittige Frage an, ob einem Nießbraucher
ein Recht zur Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümerversammlung
zustehen kann (vgl. dazu Staudinger/Wenzel, BGB, 12. Aufl., § 43
WEG Rdn. 15; Suilmann, Das Beschlußmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht,
1998, S. 151 ff). Ungeachtet seiner Rechtsstellung als Nießbraucher
ist der Antragsteller nämlich bereits wegen seines eigenen Wohnungs- und
Teileigentums nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG antragsbefugt.
3. In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Die
angefochtenen Beschlüsse der Wohnungseigentümer leiden weder unter formellen
noch unter materiellen Mängeln. Insbesondere war die Eigentümerversammlung
vom 13. März 2000 gemäß § 25 Abs. 3 WEG beschlußfähig, weil
drei von fünf stimmberechtigten Wohnungseigentümern erschienen waren, die
zusammen 687/1000 Miteigentumsanteile vertraten. Entgegen der Ansicht des
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Antragstellers scheitert die Beschlußfähigkeit nicht an einem fehlenden Stimmrecht
der Beteiligten zu 2 und 3, auf die zusammen 508/1000 Miteigentumsanteile
entfallen. Daß deren Wohnungseigentum jeweils mit einem Nießbrauch
zugunsten des Antragstellers belastet ist, ändert nichts daran, daß sie
und nicht der Nießbraucher in der Eigentümerversammlung stimmberechtigt
waren.
a) In Rechtsprechung und Literatur werden zu der Frage, ob und ggf. in
welchem Umfang bei Belastung von Wohnungseigentum mit einem Nießbrauch
das Stimmrecht von dem Wohnungseigentümer auf den Nießbraucher übergeht,
unterschiedliche Auffassungen vertreten.
aa) Nach Ansicht des Kammergerichts und des Oberlandesgerichts
Hamburg steht dem Nießbraucher am Wohnungseigentum im Hinblick auf
§ 1066 BGB das alleinige Stimmrecht in den Angelegenheiten zu, die sich auf
den Gebrauch, die Nutzung und die Verwaltung des nießbrauchsbelasteten
Eigentums (§§ 15, 16, 21 WEG) beziehen (KG, OLGZ 1987, 417; OLG Hamburg,
NJW-RR 1988, 267), während es im übrigen beim Stimmrecht des Wohnungseigentümers
verbleibt. Ungeachtet der Besonderheiten des Wohnungseigentums
muß diese Auffassung konsequenterweise berücksichtigen, daß
bereits § 1066 BGB nicht zu einer Erweiterung der allgemeinen Befugnisse des
Nießbrauchers gemäß §§ 1036 ff BGB führt. So ist auch beim Nießbrauch an
einem Miteigentumsanteil die Bestimmung des § 1037 BGB zu beachten, weshalb
eine Umgestaltung der Sache weiterhin der Zustimmung des belasteten
Miteigentümers bedarf (BGH, Urt. v. 20. Dezember 1982, II ZR 13/82, NJW
1983, 932). Ein vollständiger Stimmrechtsübergang auf den Nießbraucher wird
daher lediglich vereinzelt vertreten (wohl nur Jansen, Der Nießbrauch in Zivil-
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und Steuerrecht, 6. Aufl., Rdn. 52), während eine Aufspaltung des Stimmrechts
zwischen Wohnungseigentümer und Nießbraucher weitere Befürworter in Teilen
der Rechtsprechung (LG München II, NJW-RR 1994, 1497; LG Ingolstadt,
MittBayNot 1996, 440) und in Teilen der Literatur (Staudinger/Frank, BGB
[1994], § 1066 Rdn. 4; vgl. auch Deckert, Die Eigentumswohnung, Gruppe 5
Rdn. 139 ff) findet.
bb) Ein aufgespaltenes Stimmrecht wird ferner in modifizierter Form vertreten.
So soll in Angelegenheiten, die über die ordnungsgemäße Verwaltung
hinausgehen, etwa bei baulichen Veränderungen oder besonderen Aufwendungen
im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG, allein der Wohnungseigentümer
stimmberechtigt sein, während in Fragen des Gebrauchs des Sondereigentums
und des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 15 WEG sowie in Fragen der
Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 1 WEG
allein dem Nießbraucher das Recht zur Stimmabgabe zustehen soll. Soweit
aber der Wohnungseigentümer bei Fragen der ordnungsgemäßen Verwaltung
des gemeinschaftlichen Eigentums den anderen Wohnungseigentümern zur
Tragung der Lasten und Kosten verpflichtet ist, sollen Wohnungseigentümer
und Nießbraucher das Stimmrecht analog § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG nur gemeinschaftlich
ausüben können (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 25
Rdn. 13; Becker, Die Teilnahme an der Versammlung der Wohnungseigentümer,
1996, S. 175 f; Bornheimer, Das Stimmrecht im Wohnungseigentumsrecht,
1993, S. 164 f).
cc) Nach anderer Auffassung sind Wohnungseigentümer und Nießbraucher
verpflichtet, entweder in sämtlichen Angelegenheiten (Weitnauer/Lüke,
WEG, 8. Aufl., § 25 Rdn. 11; Weitnauer, WE 1987, 131, 132; Schöner, DNotZ
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1975, 78, 85 f) oder jedenfalls in allen Fragen des Gebrauchs und der Nutzung
(Lüke, PiG 56 [1999], 169, 178) ihr Stimmrecht entsprechend § 25 Abs. 2
Satz 2 WEG nur gemeinsam und einheitlich auszuüben.
dd) Die wohl überwiegende Ansicht hält dagegen - wie das vorlegende
Gericht - allein den nießbrauchsbelasteten Wohnungseigentümer für stimmberechtigt
(BayObLGZ 1998, 145; Staudinger/Bub, BGB, 12. Aufl., § 25 WEG
Rdn. 129 ff; MünchKomm-BGB/Röll, 3. Aufl., § 25 WEG Rdn. 22; Soergel/
Stürner, BGB, 12. Aufl., § 25 WEG Rdn. 7; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl.,
§ 25 WEG Rdn. 4; Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., § 25 Rdn. 6; Sauren,
WEG, 3. Aufl., § 25 Rdn. 9; Lotz-Störner, Stimmrechtsausübung und Stimmrechtsbeschränkung
im Wohnungseigentumsrecht, 1993, S. 61 ff; Belz, Handbuch
des Wohnungseigentums, 3. Aufl., 1996, Rdn. 210; Müller, Praktische
Fragen des Wohnungseigentums, 3. Aufl., 1999, Rdn. 379; Langemann/
Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 2. Aufl., Rdn. 104; Bader,
PiG 25 [1987], 67, 72; Riecke, DWE 1991, 58, 59; ders., MDR 1999, 153;
F. Schmidt, Festschrift für Seuß, 1997, S. 265, 273 ff; Armbrüster, DNotZ 1999,
562, 576 ff; Röll, WE 1999, 75; ebenso für die Antragsbefugnis nach § 43 Abs.
4 Nr. 2 WEG: Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG Rdn. 15).
b) Der Senat tritt der letztgenannten Auffassung bei. Die Belastung des
Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch läßt das Stimmrecht des Wohnungseigentümers
(§ 25 Abs. 2 Satz 1 WEG) unberührt; er allein bleibt zur
Mitwirkung an der Selbstverwaltung, die insbesondere durch Beschlußfassung
in der Eigentümerversammlung geschieht, befugt.
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aa) Die Belastung des Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch ist
zulässig. Dabei handelt es sich - im Unterschied zum Nießbrauch an einem
Gesellschaftsanteil (vgl. BGHZ 58, 316) - nicht um einem Nießbrauch an einem
Recht (§ 1068 Abs. 1 BGB). Da das Wohnungseigentum als besonders ausgestaltetes
Miteigentum nach Bruchteilen angelegt ist (Senat, BGHZ 108, 156,
160) und auch ein ideeller Bruchteil einer Sache Belastungsgegenstand im
Sinne des § 1030 BGB sein kann (vgl. § 1066 BGB), gelten die Vorschriften für
den Nießbrauch an Sachen (Schöner, DNotZ 1975, 78, 80; Lüke, aaO, 171;
Armbrüster, DNotZ 1999, 562, 563). Der auf Wohnungseigentum lastende
Nießbrauch umfaßt durch den Miteigentumsanteil nach § 6 Abs. 2 WEG auch
das mit ihm verbundene Sondereigentum (vgl. Lüke, aaO). Eine Anwendung
von § 1066 Abs. 1 BGB, der bei Belastung eines Miteigentumsanteils den
Nießbraucher zur Ausübung von Rechten befugt, die im Verhältnis zu den Miteigentümern
dem nießbrauchsbelasteten Eigentümer zustehen, liegt danach
zwar nahe, scheitert aber - ebenso wie die Heranziehung der Vorschrift über
die Verweisung auf das Recht der Bruchteilsgemeinschaft nach § 10 Abs. 1
Satz 1 WEG (a.A. Bornheimer, aaO, S. 152) - an den Besonderheiten des
Wohnungseigentumsrechts.
bb) Eine unmittelbare Anwendung des § 1066 BGB ist ausgeschlossen,
weil diese Vorschrift eine Regelung nur für das "einfache" Miteigentum nach
§§ 1008 ff, 741 ff BGB enthält (vgl. F. Schmidt, aaO, S. 269; Lüke, aaO, 173).
Eine entsprechende Anwendung des § 1066 BGB scheidet wegen insoweit
fehlender Vergleichbarkeit mit dem Wohnungseigentum als besonders gestaltetem
Miteigentum aus. Die Bruchteilsgemeinschaft ist kein organisierter Verband
(vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, aaO, § 741 Rdn. 3). Sie entsteht zufällig
und ist nicht auf Fortbestand gerichtet. Die Befugnis, die Aufhebung der
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Gemeinschaft jederzeit verlangen zu können, ist der wichtigste Inhalt des
Rechts des Miteigentümers (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 11 Rdn. 2), an das
§ 1066 Abs. 2 BGB anknüpft und die Aufhebung lediglich von einem gemeinschaftlichen
Verlangen von Miteigentümer und Nießbraucher abhängig macht,
nicht aber ausschließt. Dagegen ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
planvoll geschaffen (§§ 3, 8 WEG), im Innenverhältnis unter Einschluß der
Wirtschaftsführung organisiert (§§ 20 ff, 28 WEG) und - um dem einzelnen
Wohnungseigentümer eine gesicherte Rechtsstellung zu vermitteln - gemäß
§ 11 Abs. 1 WEG unauflöslich (vgl. Armbrüster, DNotZ 1999, 562, 570). Insbesondere
aber betont das Wohnungseigentumsgesetz im Unterschied zu den
Regelungen für die schlichte, nicht auf Dauer angelegte Bruchteilsgemeinschaft
die Gemeinschaftsbezogenheit. Rechte und Pflichten der Teilhaber der
Wohnungseigentümergemeinschaft haben daher im Vergleich zu den Vorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft eine viel stärker
detaillierte Regelung erfahren (Senat, BGHZ 106, 222, 226). Aus der damit
begründeten personenrechtlichen Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer
folgt deren Stimmrecht als Mitverwaltungsrecht im Sinne des § 20
Abs. 1 WEG. Dieses Stimmrecht kann weder allgemein ausgeschlossen (Senat,
BGHZ 99, 90, 94 f; 106, 113, 119) noch abgespalten werden. Dementsprechend
sehen § 25 Abs. 2 WEG ein Stimmrecht und § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG eine
Antragsbefugnis jeweils nur für den Wohnungseigentümer vor. Die durch
das Sachenrecht insbesondere mit dem Nießbrauch eröffnete Abspaltung von
Nutzungsrechten (vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 36) stößt
hier an eine Grenze.
cc) Da die dinglichen Rechte der Nießbraucher an Wohnungseigentum
hiermit nicht entscheidend geschwächt werden, kommt mangels Vergleichbar-
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keit der Sachverhalte eine analoge Anwendung des § 1066 Abs. 1 BGB ebenfalls
nicht in Betracht (vgl. BGHZ 105, 140, 143).
(1) Im Fall des Bruchteilseigentums nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
erhält der Nießbraucher durch § 1066 Abs. 1 BGB die Befugnis, anstelle des
belasteten Miteigentümers die Rechte auf Verwaltung und Benutzung der Sache
nach §§ 743 bis 745 BGB auszuüben (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1066
Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Petzold, aaO, § 1066 Rdn. 3). Da kollektive Verwaltungsentscheidungen
der Miteigentümer die Voraussetzungen der individuellen
Nutzung schaffen (vgl. MünchKomm-BGB/K. Schmidt, aaO, §§ 744, 745
Rdn. 4), stellt das Gesetz auf diese Weise sicher, daß das Nutzungsrecht des
Nießbrauchers (§ 1030 Abs. 1 BGB) auch innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft
Beachtung findet. Eines derart umfassenden Schutzes bedarf es im
Falle eines Nießbrauchs an Wohnungseigentum jedoch nicht. Hier lastet das
Recht des Nießbrauchers nämlich nicht nur auf einem Miteigentumsanteil, sondern
auch auf dem Sondereigentum des Wohnungseigentümers (§ 6 Abs. 2
WEG). Letzteres steht, ungeachtet der rechtlichen Konstruktion des Wohnungseigentums,
jedenfalls in wirtschaftlicher Hinsicht im Vordergrund (vgl.
Senat, BGHZ 49, 250, 251; 50, 56, 60). Die Nutzung des Sondereigentums ist
jedoch durch § 13 Abs. 1 WEG der Einwirkung durch die Miteigentümer weitgehend
entzogen, insbesondere kann jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum
bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen.
All diese Nutzungen und damit den wesentlichen wirtschaftlichen Gehalt
der Nutzung des Wohnungseigentums kann der Wohnungseigentümer dem
Nießbraucher praktisch ungeschmälert von den Verwaltungsrechten der anderen
Wohnungseigentümer zukommen lassen. Darin liegt der maßgebliche Unterschied
zum schlichten Bruchteilseigentum, bei dem jede Regelung der Nut-
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zungsart der Disposition der Eigentümermehrheit nach § 745 Abs. 1 BGB unterliegt
(BGH, Urt. v. 14. November 1994, II ZR 209/93, NJW-RR 1995, 267),
mithin auch die Entscheidung über eine Vermietung und Verpachtung (vgl.
BGHZ 56, 47, 50).
(2) Der Senat verkennt nicht, daß - wenn auch erst in zweiter Linie - Beschlüsse
der Eigentümerversammlung das Nutzungsinteresse des Nießbrauchers
ebenfalls berühren können. Solches mag etwa bei den in §§ 15, 16, 21
WEG oder auch in § 28 WEG genannten Gegenständen der Beschlußfassung
in Betracht kommen, rechtfertigt aber kein Abweichen von dem geschilderten
Grundsatz, daß das Stimmrecht des Wohnungseigentümers nicht abgespalten
werden kann. Trotz des uneingeschränkten Verbleibs des Stimmrechts beim
Wohnungseigentümer bleiben nämlich die berechtigten Interessen des Nießbrauchers
durch die Pflichten aus dem zwischen beiden bestehenden (Begleit-)
Schuldverhältnis gewahrt. So kann der Wohnungseigentümer im Einzelfall gegenüber
dem Nießbraucher verpflichtet sein, bei der Stimmabgabe dessen Interessen
zu berücksichtigen, nach dessen Weisung zu handeln oder ihm sogar
eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen (vgl. Schöner, DNotZ 1975, 78, 84;
F. Schmidt, aaO, S. 280). Fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung, so ist
für das Entstehen und den Umfang einer solchen Verpflichtung insbesondere
die Regelung der Kosten des nießbrauchsbelasteten Wohnungseigentums
maßgeblich. So kommt etwa eine Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur
Vollmachtserteilung in Betracht, wenn der Nießbraucher - wie beim "Bruttonießbrauch"
(vgl. F. Schmidt, aaO, S. 268) - sämtliche Lasten und Kosten des
Wohnungseigentums, namentlich in Abweichung von § 1041 Satz 2 BGB auch
alle Herstellungskosten zu tragen hat (vgl. Staudinger/Bub, aaO, § 25 WEG
Rdn. 132; F. Schmidt, aaO, S. 280). Diese Lösung ermöglicht es einerseits, die
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Mitwirkung des Nießbrauchers bei der Beschlußfassung auf die seine Interessen
betreffenden Angelegenheiten zu beschränken, ohne andererseits den
Ablauf der Eigentümerversammlung und insbesondere die Gültigkeit der Beschlußfassung
mit Unsicherheiten aus dem Rechtsverhältnis zwischen Nießbraucher
und Wohnungseigentümer zu belasten. Eine etwaige Verpflichtung
des Wohnungseigentümers betrifft nur das Innenverhältnis zwischen ihm und
Nießbraucher, steht also der Wirksamkeit der Stimmabgabe durch den Wohnungseigentümer
nicht entgegen. Dem Anliegen, das Stimmrecht im Interesse
der Funktionsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft an formale Kriterien
zu binden (vgl. Senat, BGHZ 106, 113, 119 f), wird Rechnung getragen,
indem Zweifel über den Umfang der Beteiligung des Nießbrauchers in das
Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem beschwerten Wohnungseigentümer
verwiesen werden.
dd) Gegen ein Stimmrecht des Nießbrauchers spricht ferner, daß im
Verhältnis zu den anderen Wohnungseigentümern die Lasten und Kosten des
gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 16 Abs. 2 WEG nicht ihn, sondern allein
den beschwerten Wohnungseigentümer treffen (vgl. BayObLGZ aaO, 149;
Staudinger/Bub, aaO, § 25 WEG, Rdn. 129; F. Schmidt, aaO, S. 274; Röll, WE
1999, 75; auch Senat, Urt. v. 29. September 1978, V ZR 128/76, LM § 16 WEG
Nr. 2 für den Dauernutzungsberechtigten). Für den Nießbraucher kann sich
allenfalls aufgrund des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen ihm und
dem Eigentümer eine Verpflichtung zur Kostentragung ergeben (§§ 1041,
1045, 1047 BGB). Würde dem Nießbraucher das Stimmrecht zustehen, so
müßte der Wohnungseigentümer - vergleichbar der Situation bei einem unzulässigen
Vertrag zu Lasten Dritter - auch für das haften, was der Nießbraucher
an seiner Stelle beschlossen hätte (Sauren, aaO, § 25 Rdn. 9; F. Schmidt,
- 15 -
aaO, S. 274). Abgesehen davon, daß den Wohnungseigentümer das Risiko
der Realisierbarkeit seiner etwaigen Ansprüche aus dem Schuldverhältnis mit
dem Nießbraucher trifft, blieben er und seine Rechtsnachfolger an die unter
Mitwirkung des Nießbrauchers zustande gekommenen Eigentümerbeschlüsse
auch nach Beendigung des Nießbrauchs gebunden (vgl. Becker, aaO., S. 175)
und könnten insbesondere wegen des Erlöschens des Rechts gemäß § 1061
BGB mit dem Tod des Nießbrauchers noch nicht einmal dessen Erben für
künftige Kosten in Anspruch nehmen. Dem kann nicht entgegengehalten werden,
auch in den von § 1066 Abs. 1 BGB geregelten Fällen sei allein der beschwerte
Miteigentümer gegenüber den anderen Miteigentümern mit den Kosten
der ohne ihn beschlossenen Verwaltung und Benutzung nach § 748 BGB
belastet. Zwar trifft dies zu (vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1066 Rdn. 6; Soergel/
Stürner, aaO, § 1066 Rdn. 2), ist aber als Konsequenz der durch § 1066
Abs. 1 BGB begründeten Ausübungsbefugnis nur dann hinnehmbar, wenn der
Nießbraucher der Rechte des beschwerten Miteigentümers zur Wahrung seiner
eigenen dinglichen Rechtsposition bedarf. Ein solch weitreichender Schutz
ist jedoch - wie ausgeführt - für den Nießbraucher am Wohnungseigentum nicht
erforderlich.
ee) Hinzu kommt, daß ein nach Beschlußthemen zwischen Nießbra ucher
und Wohnungseigentümer aufgespaltenes Stimmrecht vom Wohnungseigentumsgesetz
nicht vorgesehen ist. Das Gesetz geht, wie insbesondere § 25
Abs. 2 Satz 1 WEG zeigt, davon aus, daß das Stimmrecht allein beim Wohnungseigentümer
liegt. Zudem könnte, weil eine entsprechende Anwendung
des § 1066 Abs. 1 BGB ausscheidet, eine Aufspaltung des Stimmrechts allenfalls
danach erfolgen, ob Beschlußgegenstand eine Angelegenheit ist, die den
Nießbraucher oder trotz des Nießbrauchs weiterhin den Wohnungseigentümer
- 16 -
betrifft. Die damit einhergehenden praktischen Schwierigkeiten lassen sich jedoch
nicht mit der - bereits erwähnten - Notwendigkeit vereinbaren, das Stimmrecht
von klaren Voraussetzungen abhängig zu machen (vgl. BayObLGZ aaO,
150).
(1) Der Gegenstand der Beschlußfassung wird den Wohnungseigentümer
regelmäßig schon deshalb betreffen, weil er die hierdurch verursachten
Kosten nach § 16 Abs. 2 WEG zu tragen hat. Diese Folge kann aber selbst für
den Fall einer Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 2 WEG nicht schlechthin
ausgeschlossen werden. Insbesondere ist es üblich geworden, bestimmte Kosten
des gemeinschaftlichen Gebrauchs (etwa für die Reinigung des Treppenhauses
oder das Schneeräumen) im Rahmen einer Hausordnung zu regeln
(vgl. Weitnauer/Hauger, aaO, § 16 Rdn. 17). Die in § 16 Abs. 2 WEG angelegten
Abgrenzungsprobleme lassen sich nicht dadurch ausräumen, daß darauf
abgestellt wird, ob der Nießbraucher die jeweiligen Kosten im Innenverhältnis
zu tragen hat. Da die Verteilung der Lasten und Kosten mit völlig unterschiedlichem
Inhalt vereinbart sein kann, ergeben sich dann neue Probleme:
So dürfte ein Nießbraucher, wenn keine von § 1041 Satz 2 BGB abweichende
Regelung vereinbart ist, an der Beschlußfassung nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG
über eine modernisierende Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums nicht
beteiligt werden, weil er nur die Kosten von Ausbesserungen und Wiederherstellungen
zu tragen hat, die in kurzen zeitlichen Abständen regelmäßig wiederkehren
(vgl. Staudinger/Frank, aaO, § 1041 Rdn. 5; Soergel/Stürner, aaO,
§ 1041 Rdn. 3). Ist dagegen - in zulässiger Weise (vgl. Staudinger/Frank, aaO,
§ 1041 Rdn. 8) - vereinbart worden, daß den Nießbraucher auch die Kosten
außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen treffen, so müßte sein
Stimmrecht das des Wohnungseigentümers verdrängen. Nach denselben Re-
17 -
geln wäre auch bei der Verteilung des Stimmrechts aus Anlaß der Beschlußfassung
über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung (§ 21 Abs. 5 Nr. 4, § 28
Abs. 1 Nr. 3 WEG) zu differenzieren (BayObLGZ aaO, 149). Klarheit über das
Stimmrecht könnte in solchen Fällen regelmäßig erst durch Einsichtnahme in
die Grundakten erreicht werden. Wie die Verteilung der Lasten und Kosten
zwischen Nießbraucher und beschwertem Wohnungseigentümer geregelt ist,
ergibt sich nämlich im allgemeinen nicht aus der Grundbucheintragung selbst,
sondern erst über die dort nach § 874 BGB in Bezug genommene Eintragungsbewilligung
(vgl. BayObLGZ aaO, 149 f).
(2) Neben diesen inhaltlichen Abgrenzungsschwierigkeiten stehen einer
Aufspaltung des Stimmrechts weitere formale Probleme mit erheblichen praktischen
Konsequenzen entgegen. Ist der Nießbraucher - ggf. auch nur teilweise
oder gemeinsam mit dem Eigentümer - stimmberechtigt, müßte der Verwalter
stets sowohl ihn als auch den beschwerten Eigentümer zu den Wohnungseigentümerversammlungen
laden (vgl. KG, OLGZ 1987, 417, 423). Dies führt
zunächst zu einer Erhöhung der Zahl der Teilnehmer an der Wohnungseigentümerversammlung
und einer gesteigerten Gefahr von Ladungsfehlern (Armbrüster,
DNotZ 1999, 562, 575 f). Zudem sind Störungen beim Ablauf der Eigentümerversammlung
zu befürchten, wenn zwischen Nießbraucher und Eigentümer
Uneinigkeit über die jeweilige Befugnis zur Ausübung des Stimmrechts
herrscht. Vor allem aber ist dem Verwalter oft die Bestellung eines
Nießbrauchs nicht bekannt, so daß er vor jeder Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung
- vorsorglich - Einsicht in das Grundbuch nehmen
müßte, um Fehler bei der Ladung der Teilnahmeberechtigten zu vermeiden
(Röll, WE 1999, 75; F. Schmidt, aaO, S. 276). Wird der Verteilung der Kosten
und Lasten im Innenverhältnis Bedeutung für das Stimmrecht beigelegt, so
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hätte der Verwalter überdies die Grundakten heranzuziehen, um sich Kenntnis
von einschlägigen Vereinbarungen zwischen Nießbraucher und Eigentümer zu
verschaffen.
ff) Soweit zur Vermeidung der aufgezeigten Abgrenzungsprobleme eine
gemeinsame und einheitliche Ausübung des Stimmrechts durch Nießbraucher
und Eigentümer entweder in allen oder auch nur in Angelegenheiten des Gebrauchs
und der Nutzung analog § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG befürwortet wird, hält
der Senat das ebenfalls nicht für überzeugend. Soll verhindert werden, daß der
Nießbraucher durch ein gemeinsames Stimmrecht über Angelegenheiten mitbestimmt,
die ihn in keiner Weise betreffen (vgl. Röll, WE 1999, 75), stellen
sich die bereits dargelegten Abgrenzungsschwierigkeiten erneut ein. Überdies
scheitert eine entsprechende Anwendung des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG an der
fehlenden Vergleichbarkeit des dort geregelten mit dem hier zu entscheidenden
Tatbestand. Der Vorschrift liegt nämlich der Gedanke zugrunde, daß bei
mitberechtigten Eigentümern an einem Wohnungseigentum eine übereinstimmende
Interessenlage besteht und deshalb eine einheitliche Stimmausübung
sachgerecht ist (vgl. Senat, BGHZ 106, 113, 120). Ein vergleichbares gemeinsames
Interesse haben Nießbraucher und Wohnungseigentümer jedoch regelmäßig
nicht (BayObLGZ aaO, 150 f; Lotz-Störmer, aaO, S. 65). In ihrem
Verhältnis ist vielmehr vor allem ausschlaggebend, daß aufgrund des Nießbrauchs
nur einer von ihnen die Nutzungen aus dem Wohnungseigentum ziehen
darf und die damit verbundenen Lasten und Kosten, die der Wohnungseigentümer
gegenüber der Gemeinschaft trägt, im Innenverhältnis nach den getroffenen
Vereinbarungen und den gesetzlichen Vorschriften unter ihnen aufzuteilen
sind. Diese gegenläufigen Belange stehen der Verfolgung eines ge-
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meinschaftlichen Interesses gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft
entgegen.
c) Allerdings hat der Senat zum Wohnungsrecht, das gemäß § 1093
BGB an Wohnungseigentum bestellt worden ist, entschieden, daß die Ausübung
des Stimmrechts dem Wohnungsberechtigten - und nicht dem Wohnungseigentümer
- zustehe, soweit die Beschlußfassung der Eigentümergemeinschaft
die Benutzung der vom Wohnungsrecht erfaßten Räume und die
Mitbenutzung der zum gemeinschaftlichen Gebrauch der Bewohner bestimmten
Anlagen und Einrichtungen berühre (Senat, Urt. v. 26. November 1976,
V ZR 258/74, LM § 1093 BGB Nr. 8). Es kann offenbleiben, ob daran festzuhalten
ist. Jedenfalls sind die Grundsätze dieser Entscheidung nicht auf den
vorliegenden Fall übertragbar, weil das mitgliedschaftsrechtliche Element des
Wohnungseigentums einen allgemeinen Ausschluß des Wohnungseigentümers
vom Stimmrecht als einem Mitverwaltungsrecht im Sinne des § 20 Abs. 1
WEG verbietet (Senat, BGHZ 99, 90, 94; 106, 113, 119).
4. Das Verfahren der Beschlußfassung leidet auch im übrigen nicht an
Mängeln.
a) Die erforderliche Stimmenmehrheit ist gegeben, nachdem alle erschienenen
Wohnungseigentümer für die der Beschlußfassung zugrundeliegenden
Anträge gestimmt haben.
b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers stellt es keinen Mangel des
Beschlußverfahrens dar, daß der Versammlungsort nicht in dem Stadtteil von
E. gelegen ist, in dem sich die Wohnanlage befindet. Damit allen Wohnungseigentümern
die Teilnahme ermöglicht und nicht erschwert wird, muß der Ort der
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Eigentümerversammlung, wie bereits das Amtsgericht und das vorlegende Gericht
zutreffend ausgeführt haben, verkehrsüblich zu erreichen und den Wohnungseigentümern
zumutbar sein (Staudinger/Bub, aaO, § 24 WEG Rdn. 45
m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall die Auswahl des Versammlungsortes
diesen Grundsätzen nicht genügt, sind vom Antragsteller weder
dargelegt noch sonst ersichtlich.
c) Fehler bei der Einberufung der Versammlung sind ebenfalls nicht unterlaufen.
Ohne Erfolg macht der Antragsteller einen Verstoß gegen die Einberufungsfrist
aus § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG geltend. Da es sich hierbei nur um
eine Sollvorschrift handelt, kann die Mißachtung der einwöchigen Frist allein
noch nicht zur Ungültigkeit des Beschlusses führen (Staudinger/Bub, aaO, § 24
WEG Rdn. 160; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 149). Vielmehr haben
sowohl das Amtsgericht als auch das vorlegende Gericht zu Recht ausgeführt,
daß dieser formelle Mangel nur dann beachtlich ist, wenn die Beschlußfassung
auf ihm beruht. Damit scheidet eine Ungültigerklärung dann aus, wenn feststeht,
daß der angefochtene Beschluß auch bei ordnungsgemäßer Einberufung
ebenso gefaßt worden wäre (BayObLG, NZM 1999, 130; KG, NJWE-Mietrecht
1997, 134; ZMR 1999, 426, 428; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 150;
noch weitergehend Weitnauer/Lüke, aaO, § 24 Rdn. 7, die eine Ungültigerklärung
bei Verletzung der gesetzlichen Frist generell verneinen). So liegt der Fall
hier. Anhaltspunkte dafür, daß der Antragsteller aufgrund der verkürzten Einberufungsfrist
an der Teilnahme und Einflußnahme auf die Beschlußfassung gehindert
war, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Im übrigen greift der
Antragsteller die auf der Versammlung gefaßten Beschlüsse sachlich nicht an.
Er wendet sich lediglich gegen die Stimmausübung durch die nießbrauchsbelasteten
Wohnungseigentümer. Mit dem vorlegenden Gericht ist deshalb davon
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auszugehen, daß diese selbst bei Anwesenheit des Antragstellers das ihnen
ihrer Meinung nach zustehende Stimmrecht ausgeübt und mit gleicher Stimmenmehrheit
inhaltsgleiche Beschlüsse gefaßt hätten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Entscheidung über
den Geschäftswert auf § 48 Abs. 3 WEG.
Tags: niesbrauch, nießbrauch, stimmrecht
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Author: Zungenkoeder
Main topic: Jura
Topic: WEG-Recht
Published: 19.03.2010

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