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Alle Oberthemen / 3407 / Sozialpsychologische Ansätze der Führung

4. Sozialpsychologische Ansätze der Führung (31 Karten)

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Definition und Funktion von Führung
Führung findet in nahezu allen sozialen Gruppen statt

Führung: Ein Prozess der sozialen Einflussnahme, durch den ein oder mehrere Mitglieder einer Gruppe andere Gruppenmitglieder motivieren und befähigen, etwas zur Erreichung der Gruppenziele beizutragen.

Abgrenzung von Führung gegenüber andereren Formen der sozilane Einflussnahme: Führung dient  primär der Erreichung eines kollektiven Ziels, nicht der Anpassung an die Meinungen und Verhaltensweisen anderer Gruppenmitglieder.
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Funktionen von Führung:
Unterstützung der Gruppenmitglieder bei der Zielerreichung ist daher auch eine der zentralen Funktionen von Führung.

Zwei zentralen Führungsfunktionen

1) Lokomotion:
Unter der Lokomotionsfunktion versteht man generell alle Funktionen, die der Lösung der jeweiligen Aufgabe der Gruppe, der Annäherung an das kollektive Ziel und der Bewältigung der äußeren Situation dienen.z.B. Entwicklung von Zielen und Vi-sionen, Motivation der Gruppenmitglieder für die Zielerreichung, Be-reitstellung der benötigten Ressourcen, Treffen von Entscheidun-gen, Koordination der Gruppenmitglieder und Kontrolle der Handlungen zur Zielerreichung.
2) Kohäsion: Die Kohäsionsfunktion schließt hingegen alle Funktionen ein, die den Zusammenhalt einer Gruppe fördern, also zu einem Wir-Gefühl und einem positiven Gruppenklima beitragen

Der Lokomotionsfunktion wird in der Literatur häufig eine wichtigere Bedeutung zugemessen als der Kohäsionsfunktion-> Verankerung des Ansatzes in der Klein-gruppenforschung mit dem Fokus auf (Arbeits-)Gruppen, bei denen die Zielerreichung im Vordergrund steht
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Macht- und Einflussgrundlagen
Führungspersonen verfügen über eine Reihe verschiedener Macht- und Einflussgrundlagen.

Mitteln, auf die sich der Einfluss einer oder mehrerer Führungs-personen auf die übrigen Gruppenmitglieder konstituieren kann
 Belohnungsmacht: Die Führungsperson verfügt über (im)materielle Belohnungswerte (z.B. finanzielle Mittel, Lob, Wertschätzung), die sie den anderen Gruppenmitgliedern zukommen lassen kann.
 Bestrafungsmacht: Sie ergibt sich aus der Möglichkeit, dass die Führungsperson über negative Sanktionen gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern verfügen kann und äußert sich in der Ausübung von Zwang oder der Androhung von Strafen.
 Expertenmacht: Der Einfluss der Führungsperson begründet sich auf der Überzeugung der Geführten, dass die Führungsperson bestimmtes Wissen und bestimmte Kompetenzen besitzt, die für die Erreichung der Gruppenziele relevant sind.
 Legitimierte Macht: Die anderen Gruppenmitglieder stimmen einer Führungsperson zu, da sie deren Position als legitimiert wahrnehmen und es als Pflicht betrachten, der Führungsperson Folge zu leisten.
 Identifikationsmacht: Sie beruht auf der Identifikation der anderen Gruppenmitglieder mit der Führungsperson und dem Bedürfnis, Übereinstimmung mit der Führungsperson zu demonstrieren.
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Begriffe Macht und Einfluss
Begriffe Macht und Einfluss oftmals synonym verwendet

ABER

Macht z.B. als Einwirkung verstanden, die den Interessen des o-der der anderen zuwiderläuft, während Einflussnahme im Einklang mit den Interessen des oder der Betroffenen stattfindet

Führung meist im Sinne der Einflussnahme verstanden wird, kann sie unter Umständen auch gegen die Interessen einzelner Gruppenmitglieder gerichtet sein
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Traditionelle Ansätze der Führungsforschung
Führerorientierte Ansätze,
situationsorientierte Ansätze,
Kontingenzansätze und
transformationstheoretische Ansätze.
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Führerorientierte Ansätze
Persönlichkeitseigenschaften
Führerorientierte Ansätze: Untersuchung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften, Fertigkeiten und Verhaltensweisen von Führungspersonen

Die allerersten führerorientierten Ansätze gingen davon aus, dass es vor allem angeborene Persönlichkeitseigenschaften sind, die Führungsperso-nen für ihre Rolle qualifizieren, und man daher für Führungspositionen „geboren sein muss“ (sogenannte great man-Führungstheorien). (Männli-che) Führungspersonen besitzen demnach distinkte intellektuelle und so-ziale Eigenschaften, die sie von anderen Menschen, insbesondere den Geführten und erfolglosen Führern (sowie Frauen) unterscheiden und sie in besonderem Maße dazu befähigen, andere zu lenken, zu motivieren und zu inspirieren.

ABER
kein konsistentes „Set“ an Eigen-schaften gibt, das Führungspersonen und Geführte voneinander unter-scheidet, und betont den Einfluss situativer Faktoren auf den Führungserfolg
kein empirischer Beleg
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Führerorientierte Ansätze
Stabile Verhaltensmuster und Führungsstile
Führungspersonen weniger durch distinkte Charaktereigenschaften son-dern vielmehr durch bestimmte Verhaltensweisen bzw. einen bestimmten Führungsstil auszeichnen

Verhalten nicht als eine Interakti-on von Person- und Situationsvariablen verstanden, sondern eher als ein stabiles, weitgehend situationsunabhängiges Verhaltensmuster

Empirisches Beispiel.Die Forscher konfrontierten vier „Freizeitgruppen“, in denen sich jeweils fünf 10-jährige Jungen einmal wöchentlich für verschiedene Aktivitäten trafen, über eine Dauer von 5 Monaten mit vier erwachsenen Leitern.

 Autoritärer Führungsstil: Die Leiter trafen alle Entscheidungen dar-über, was die Gruppe tun sollte, selbst, gaben den Jungen Anwei-sungen, verhielten sich distanziert, und konzentrierten sich aus-schließlich auf die anliegende Aufgabe.
 Demokratischer Führungsstil: Die Leiter ließen die Jungen selbst Vorschläge machen, welche Aktivitäten wie angegangen werden sollen, diskutierten Pläne mit den Jungen und verhielten sich wie ganz gewöhnliche Gruppenmitglieder.
 Laissez-faire Führungsstil: Die Leiter griffen überhaupt nicht in das Geschehen in den Freizeitgruppen ein.

Der laissez-faire Stil führte zur geringsten Leistung und auch zur geringsten Zufriedenheit. Die höchste Leistung wurde in Gruppen mit einer autoritären Führung be-obachtet, allerdings wurde diese nur erbracht, wenn der Leiter auch an-wesend war, und fiel im Zeitverlauf insgesamt leicht ab. Mitglieder von demokratisch geführten Gruppen gaben die höchste Zufriedenheit an und ihre Leistung war, wenn auch nicht am effizientesten, so doch in qualitativer Hinsicht am hochwertigsten.
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Situationsorientierte Ansätze
Situationsorientierte Ansätze nehmen an, dass effektive Führung v.a. durch Merkmale des Kontexts bedingt ist.

Führungspersonen führen dann effektiv, wenn sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Gruppe angemessen auf eine bestimmte Herausforderung reagieren.

-> jede eine effektive Führungsperson sein kann, wenn nur die Umstände entsprechend gestaltet sind
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Kontingenzansätze
Kontingenzansatz von Fred Fiedler
Zwei Führungsstile, die die beiden zentralen Führungsfunktionen Lokomotion und Kohäsion (siehe Abschnitt 4.1) widerspiegeln
1. Aufgabenorientierte Führung – sie dient dazu, Gruppen- und Kom-munikationsstrukturen zu schaffen und Ressourcen bereitzustellen, die der Zielerreichung dienen und
2. Beziehungsorientierte Führung – sie dient dazu, den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken und die Qualität der Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander zu verbessern.

Effektivität einer eher aufgaben- oder eher beziehungsorientierten Führung hängt von den Merkmalen der Führungssituation ab. Relevant sind insbesondere folgende Situationsmerkmale:
 Merkmale der Gruppenaufgabe (ist sie eher komplex oder relativ einfach strukturiert?),
 Merkmale der Beziehung zwischen der Führungsperson und den Geführten (vertrauen und mögen die Geführten die Führungsperson oder nicht?) und
 die Macht, die mit der Führungsposition einhergeht (Verfügt die Führungsperson über Sanktionierungsmacht oder nicht?).
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Führung ist nach Fiedlers Kontingenzansatz effektiv, wenn...
Der aufgabenorientierte Führungsstil sollte vor allem dann effektiv sein, wenn die Situationsmerkmale entweder sehr günstig (einfach strukturierte Aufgabe, gute Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten, Führungsperson hat Sanktionierungsmacht) oder sehr ungünstig (komplex strukturierte Aufgabe, schlechte Beziehung zwischen Führungs-person und Geführten, Führungsperson hat keine Sanktionierungsmacht) ausgeprägt sind.

Der beziehungsorientierte Führungsstil hingegen sollte überlegen sein, wenn die drei Situationsmerkmale zusammen betrachtet eine mittelmäßig günstige Situation bilden (z.B. komplex strukturierte Aufgabe, gute Beziehung zwischen Führungsperson und Geführten, Füh-rungsperson hat keine Sanktionierungsmacht).

Inkonsistentes Befundmuster der empirischen Belege mag u.a. darauf zurückzuführen sein, dass die von Fiedler spezifizierten Situationsmerkmale nur eine geringe theoretische Basis haben und we-sentliche weitere Merkmale (z.B. Organisationsklima, Größe der Gruppe) fehlen.
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Kontingenzansatz
Lord und Mahers Ansatz impliziter Führungstheorien
Ansatz impliziter Führungstheorien von Lord und Kollegen (auch: leadership categorization-Theorie) konzentriert sich auf die Geführten.

Im Zentrum dieser sozialkognitiven Theorie effektiver Führung steht die Annahme, dass Menschen auch in Bezug auf Führungspersonen implizite Theorien darüber haben, was eine „gute“ Führungsperson ausmacht.

Theorien sind als kognitive Schemata repräsentiert, also als Wissensstrukturen, in denen Eigenschaften (z.B. „durchsetzungsfähig“, „sozial kompetent“) und Verhaltensweisen (z.B. „arbeitet sehr viel“, „leitet Besprechungen“) von fähigen Führungspersonen und die Beziehungen zwischen diesen Attributen gespeichert sind.

Wesentlich für die Kategorisierung einer anderen Person als Führungsperson ist nun, inwieweit die beobachteten Eigenschaften und Verhaltensweisen dieser Person mit den eigenen Führungsschemata übereinstimmen.

Mit zunehmender Kongruenz der Führungsschemata der Geführten und den Merkmalen und Verhaltensweisen der Führungsperson wird erfolgreiche Führung wahrscheinlicher.

->  Studien demonstrieren, dass Personen umso eher als Führungsperson positiv bewertet und akzeptiert werden, je mehr sie in ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten den Führungsschemata entsprechen.
-> Eine gute Führungsperson zeichnet sich nach diesem Ansatz also vor allem dadurch aus, dass sie von anderen als eine solche wahrgenommen wird.

Auch wenn die direkte empirische Stützung des Ansatzes von Lord et al. (z.B. Lord & Maher, 1991) noch nicht weit gediehen ist, steht er im Ein-klang mit Forschungsbefunden zum Einfluss von Stereotypen auf Füh-rung. Ein Teil dieser Forschung basiert auf der Rollen-Kongruenz-Theorie von Eagly (z.B. Eagly & Karau, 2002) zum Zusammenhang zwischen Ge-schlecht und Führung. Im Zentrum dieser Theorie steht die Annahme, dass männliche Geschlechtsstereotype (z.B. „kompetent“ und „durchset-zungsfähig“) stärker mit generellen Führungsschemata übereinstimmen als weibliche Geschlechtsstereotype (z.B. „warm“ und „fürsorglich“).
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Transaktionale und transformationale Ansätze
Frage, wie Führungspersonen Einfluss auf die anderen Mitglieder einer Gruppe ausüben
Hier wird in der Regel zwischen transaktionalen und transformationalen Ansätzen unterschieden

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Transaktionale Führungsansätze
Transaktionale Führungsansätze basieren auf dem Austausch- oder Interdependenzansatz und gehen davon aus, dass die Führungsperson und die anderen Gruppenmitglieder im Hinblick auf ihre Bedürfnisbefriedigung wechselseitig voneinander abhängig sind.
Führung bzw. der Einfluss einer Führungsperson auf die übrigen Gruppenmitglieder gründet sich nach dieser Perspektive auf den Austausch individuell benötigter materieller, sozialer oder psychologischer Ressourcen.
(Arbeits-)Leistung oder Loyalität (Ressourcen der Geführten) gegen materielle Belohnungen oder soziale Anerkennung (Ressourcen der Führungsperson) „eingetauscht“.

Der transaktionale Ansatz betont, ähnlich wie der Ansatz impliziter Führungstheorien von Lord und Maher (1991) (Abschnitt 4.3.3), dass erfolgreiche Führung nicht nur von der Führungsperson sondern genauso von den geführten Gruppenmitgliedern abhängt.
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Transformationale Ansätze
Transformationale Ansätze: Kritikpunkt an dem austauschtheoretischen Verständnis von Führung ist das vorherrschende Prinzip der Rationalität.

Nach transformationalen Ansätzen sind es weniger positive Kosten-Nutzen-Bilanzen, die für erfolgreiche Führung ausschlagge-bend sind, sondern die Fähigkeit der Führungsperson, die Einstellungen, Emotionen, Werte und Verhaltensweisen der Gruppenmitglieder aktiv zu verändern (zu transformieren), und so die Motivation der Mitglieder sich für die Erreichung des kollektiven Ziels einzusetzen, zu erhöhen.

Transformationalen Führungspersonen wird von den Geführten Vertrauen, Bewunderung, Loyalität und Respekt entgegengebracht, und die Geführten sind bereit, ihr Selbstinteresse zugunsten von kollektiven Zielen zurückzustellen.

Bei der transformationalen Führung ist der Wandel der Geführten durch die Führungsperson zentral und das Prinzip der Rationalität wird durch das Prinzip der Emotionalität ergänzt.
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Folgende vier Merkmale kennzeichnen transformationales Führungsverhalten
 Idealisierender Einfluss (idealized influence): Die Führungsperson fungiert als moralisches und fachliches Vorbild, indem sie ihre persönlichen Bedürfnisse zurücknimmt, hohe Ansprüche an sich selbst stellt (und diese auch erfüllt) und nach ethischen und moralischen Prinzipien handelt. Als Folge identifizieren sich die Geführten mit der Führungsperson und eifern dieser nach.
 Inspirierende Motivation (inspirational motivation): Die Führungsperson vermittelt den Geführten eine inspirierende Vision, artikuliert diese klar und zeigt Enthusiasmus und Optimismus in Bezug auf die Erreichung der Vision.
 Intellektuelle Stimulierung (intellectual stimulation): Die Führungsperson fördert die Kreativität und Innovativität der Geführten, indem sie bestehende Annahmen in Frage stellt und Probleme aus einer neuen Perspektive beleuchtet. Sie fordert neue Ideen und kreative Problemlösungen von den Geführten, kritisiert diese aber nicht öffentlich.
 Individualisierte Mitarbeiterorientierung (individualized consideration): Die Führungsperson lässt den Bedürfnissen jedes einzelnen Geführten Aufmerksamkeit zukommen und nimmt die Rolle eines Mentors ein. Die Geführten erfahren Unterstützung und werden ermutigt, sich kontinuierlich weiter zu entwickeln.
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Bewertung und Kritik transformationaleer und transaktionale Führung
Transformationale Führung scheint eher in politischen, militärischen und religiösen Gruppen vertreten zu sein, während transaktionale Führung eher in Arbeitsteams vorzufinden ist (möglicherweise weil Führungspersonen politischer, militärischer oder religiöser Gruppen oftmals weniger Ressourcen zur Belohnung der Gruppenmitglieder im Sinne einer Austauschbeziehung zur Verfügung haben).

Kritikpunkt insbesondere an den transformationalen Ansätzen:
Einfluss situativer Gegebenheiten auf den Führungserfolg außen vor
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Sozialer Identitätsansatz der Führungsforschung
(Tajfel & Turner, 1986)
An den traditionellen Ansätze der sozialpsychologischen Führungsforschung, fällt auf, dass Gruppenprozesse hier nur wenig systematische Beachtung finden.

Um diese Lücke zu schließen haben sich eine Reihe neuerer Ansätze der Führungsforschung explizit mit dem Einfluss von sozialen Identitäts- und Kategorisierungsprozessen auf Führung beschäftigt.

Den Kern dieser Ansätze stellt der soziale Identitätsansatz dar, der auf der Theorie der sozialen Identität bzw. ihrer Weiterentwicklung in Form der Selbstkategorisierungstheorie beruht.
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Kontingenzansätze Vergleich Lord/Mahler mit Fiedler
Führungserfolg wird also auch bei Lord und Mahler ähnlich wie bei Fiedlers Kontingenzansatz als das Produkt einer Interaktion von Merkmalen der Führungsperson und Merkmalen der Führungssituation
- bei Fiedler: Situationsmerkmale;
-  bei Lord et al.: Führungsschemata der Geführten verstanden.
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Führungsperson als Eigengruppen-Prototyp
Im Zentrum des sozialen Identitätsansatzes der Führung steht die Annahme, dass das Führungspotenzial einer Person entscheidend durch ihre Prototypikalität für die Eigengruppe beeinflusst wird.

Prototyp: Prototypen sind kontextspezifische, oftmals unscharfe (fuzzy) kognitive Repräsentationen der typischen/idealen Attribute (Überzeugun-gen, Einstellungen, Gefühle, Verhaltensweisen), die eine Gruppe charak-terisieren und sie gleichzeitig von einer oder mehreren anderen Gruppen abgrenzen.

Je mehr ein Eigengruppenmitglied dem Prototyp der Gruppe entspricht, umso repräsentativer wird diese Person auch für die Eigengruppe bzw. die geteilte soziale Identität wahrgenommen, umso mehr scheint sie die Werte, Normen und Ziele der Gruppe zu verkörpern.

Der soziale Identitätsansatz der Führung nimmt daher an, dass es maßgeblich von der wahrgenommenen Prototypikalität einer Person (oder einer Personengruppe) abhängt, ob diese von den anderen Eigengruppenmitgliedern als Führungsperson wahrgenommen bzw. akzeptiert wird

Sie bedeutet zu-nächst einmal nur, dass die anderen Gruppenmitglieder der prototypi-schen Person Einfluss zuschreiben, nicht aber, dass diese tatsächlich aktiv führt.
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Was macht ein prototypisches Eigengruppenmitglied zur aktiven Führungsperson?
Zwei weitere Prozesse sind dafür verantwortlich, dass ein prototypisches Gruppenmitglied auch tatsächlich eine aktive Führungsrolle übernimmt:
1. soziale Attraktion und
2. die Attribution des Führungsverhaltens auf dispositionale Faktoren
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Soziale Attraktion
Soziale Attraktion. Eigengruppenmitglieder werden in der Regel aufgrund der gemeinsamen Gruppenzugehörigkeit gemocht (= soziale Attraktion).

Je prototypischer ein Eigengruppenmitglied wahrgenommen wird, umso mehr soziale Attraktion wird gegenüber dem Mitglied empfunden (z.B. Hogg, 1992).

(Soziale) Attraktion wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Forderungen Folge geleistet wird: Zahlreiche Forschungsarbeiten können belegen, dass Menschen gewillter sind, einer Person zuzustimmen und ihren Forderungen und Vorschlägen nachzukommen, wenn sie diese mögen.

Die aufgrund der hohen Prototypikalität zunächst nur zugeschriebene Führungsrolle erfährt also eine öffentliche Bestätigung, da ihre Ideen und Forderungen innerhalb der Eigengruppe bereitwilliger angenommen (und umgesetzt) werden.
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Dispositionale Attributionsprozesse
Ein weiterer Prozess, der dazu beiträgt, dass ein prototypisches Gruppenmitglied eine aktive Führungsrolle übernimmt und beibehält, ist die Korrespondenzverzerrung:
Verhalten einer handelnden Person eher auf interne Faktoren (z.B. Dispositionen und Motive der Person) als auf externe Faktoren (z.B. situative Besonderheiten) zurückzuführen.

Menschen neigen umso stärker zu Personattributionen, je mehr die beobachtete Person aus der Umgebung hervortritt, d.h. je perzeptuell distinkter sie ist.

Es sind oftmals die prototypischsten Mitglieder, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich ziehen,

Das (Führungs-)Verhalten hoch prototypischer Mitglieder wird also eher auf deren Persönlichkeit zurückgeführt, als auf ihre Prototypikalität.

Dadurch hebt sich die Führungsperson noch stärker von den übrigen Gruppenmitgliedern ab, was dann wiederum dispositionelle Attributionsprozesse weiter verstärken sollte.
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Kontextabhängigkeit Prototypbasierter Führung
Welches Gruppenmitglied als besonders prototypisch wahrgenommen wird, wird wesentlich durch den Vergleichs-rahmen („frame of reference“) – also den Intergruppenkontext, in den die Eigengruppe eingebettet ist – beeinflusst.

Metakontrast-Prinzip: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ansammlung sozialer Stimuli als Mitglieder einer Kategorie (= der Eigengruppe) wahrgenommenen werden, steigt in dem Maße, in dem die Unterschiede auf einer relevanten Vergleichsdimension innerhalb dieser Gruppe von Stimuli als geringer wahrgenommen werden als die Unterschiede dieser Stimuli zu anderen Stimuli (= den Mitgliedern der Fremdgruppe).

Für eine Ansammlung sozialer Stimuli lässt sich also ein Metakontrast-Wert („meta contrast ratio“, MCR) berechnen, der nach Turner et al. (1987) gleich dem wahrgenommenen Unterschied zwischen den Mitgliedern einer Kategorie und anderen Stimuli, geteilt durch den wahrgenommenen Unterschied innerhalb der Mitglieder einer Kategorie ist.

Das prototypischste Mitglied der Eigengruppe ist das Eigengruppenmitglied, das gleichzeitig am wenigsten Unterschiede zu den anderen Eigengruppenmitgliedern aufweist und sich am meisten von den Mitgliedern der Fremdgruppe abhebt.

Je nachdem, welche Fremdgruppe zum Vergleich herangezogen wird, kann ein anderes Eigengruppenmitglied den höchsten MCR aufweisen. Daher spricht man auch von der relativen Prototypikalität eines Gruppenmitglieds.
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Beispiel: Metakontrast und relative Prototypikalität

In der Partei „die Mittleren“ sind dies „M“, ein Mitglied, das genau die mittlere politische Position vertritt, „R“, das eher eine „Mitte-rechts“-Position vertritt und „L“, das eher eine „Mitte-links“-Position vertritt. Treffen nun „die Sozialisten“, „die Konservativen“ und „die Mittleren“ bei einer Podiumsdiskussion aufeinander, sollte „M“ gemäß dem Metakontrast-Prinzip das prototypischste Mitglied der Partei „die Mittleren“ darstellen.


(Intergruppenkontext 1)
„M“ gemäß dem Metakon-trast-Prinzip das prototypischste Mitglied der Partei „die Mittleren“ darstellen.
(Intergruppenkontext 2)
Ändert sich nun aber der Vergleichsrahmen, dann ändert sich auch die Prototypikalität der einzelnen Gruppenmitglieder. Nehmen an der Podiumsdiskussion nur „die Mittleren“ und „die Sozialisten“ teil, sollte „R“ beinahe so prototypisch für „die Mittleren“ sein wie „M“.
(Intergruppenkontext 3)
Stehen hingegen „die Mittleren“ nur den Mit-gliedern der Partei „die Konservativen“ gegenüber, sollte „L“ an Prototypi-kalität gewinnen.

Vielmehr lassen sich Führungspersonen durch bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen definieren, die – in einem bestimmten Intergruppenkontext – ihre Unterschiedlichkeit zu anderen Eigengruppenmitgliedern minimieren, während sie gleichzeitig ihre Unterschiedlichkeit zu Mitgliedern der Fremdgruppe maximieren.
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Vergleich des prototyp-basierten Ansatzes mit Kontingenzansätzen
Wie in Fiedlers Modell (z.B. Fiedler, 1971) nimmt der soziale Identitätsansatz der Führung an, dass der Einfluss einer Führungsperson und damit auch der Führungserfolg auf einem Zusammenspiel von personalen und situativen bzw. Kontextfaktoren beruhen.

Die situativen Faktoren unterscheiden sich allerdings maßgeblich: Während Fiedlers Kontingenzansatz hier den Aufgabenmerkmalen, der interpersonalen Beziehung zwischen Geführten und Führungsperson und der Sanktionsmacht der Führungsperson eine zentrale Rolle zuspricht, betont der soziale Identitätsansatz die Relevanz des Vergleichsrahmen (d.h. des Intergruppenkontexts, in den die Eigen-gruppe eingebunden ist) für Führungsprozesse.
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Vergleich Leadership categorization-Theorie von Lord und Maher (1991) und sozialer Identitätsansatz
Leadership categorization-Theorie von Lord und Maher (1991) weist einige Gemeinsamkeiten zum sozialen Identitätsansatz der Führung auf.

Beide Ansätze sehen Führung als Ergebnis eines Kategorisierungsprozesses.

Zentraler Unterschied:
Lord und Maher verstehen (zumindest in ihren frühen Arbeiten) die zur Kategorisierung einer Person als „Führer/in“ herangezogenen Führungsschemata als relativ fixe kognitive Repräsentationen von Führungsattributen.
-> „prototypische“ Führungsperson ausmacht, sind relativ zeitstabil und kontextunabhängig
Nach dem sozialen Identitätsansatz wird die Prototypikalität einer Führungsperson hingegen maßgeblich vom sozialen Kontext beeinflusst.

Ansätze sind komplementär zu betrachten: Je mehr der soziale Kontext von einem interpersonalen zu einem intergruppalen wird (d.h. je stärker sich Individuen auf der Basis ihrer Gruppenmitgliedschaft definieren), umso wichtiger sollte auch die Prototypikalität einer Person für Führung werden und umso geringer sollte der Einfluss von Führungsschemata sein.
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Je mehr Definition über Gruppenmitgliedschaft, umso wichtiger sollte auch die Prototypikalität einer Person für Führung werden und umso geringer sollte der Einfluss von Führungsschemata sein
Empirisches Beispiel:
Je mehr der soziale Kontext von einem interpersonalen zu einem intergruppalen wird (d.h. je stärker sich Individuen auf der Basis ihrer Gruppenmitgliedschaft definieren), umso wichtiger sollte auch die Prototypikalität einer Person für Führung werden und umso geringer sollte der Einfluss von Führungsschemata sein.

 Manipulation der Salienz des Intergruppenkontexts: Die Untersu-chungspersonen in der Bedingung „hohe Salienz“ erfuhren, dass die Studie der Untersuchung von Entscheidungsfindungsprozessen in Gruppen dient und die anwesenden Teilnehmer dazu auf der Ba-sis ihrer im Fragebogen angegebenen Einstellung zu einem der ak-tuellen Themen in zwei Gruppen aufgeteilt werden.
 Manipulation der Kongruenz von Führungsschema und Führungsperson: Die Untersuchungspersonen bekamen die Information, dass die als Führungsperson ausgewählte Untersuchungsperson im Fragebogen angegeben hat, dass ihr Führungsstil mit den füh-rungsschematischen Verhaltensweisen entweder stark (Bedingung „hohe Kongruenz“) oder nur wenig korrespondiert (Bedingung „niedrige Kongruenz“).
 Manipulation der Prototypikalität der Führungsperson: Die Prototypikalität wurde über das Metakontrast-Prinzip manipuliert. Hierzu wurde den Untersuchungspersonen visualisiert, wie sie selbst und die anderen Untersuchungspersonen sich angeblich auf die 21-stufige Skala des Einstellungsmaßes verteilen

Zusammengenommen sprechen die Ergebnisse also für die Annahme, dass die Prototypikalität einer Person umso wichtiger für Führungsprozesse wird, je stärker die Gruppenmitgliedschaften in den Vordergrund rücken. Sind Eigen- und Fremdgruppenzugehörigkeiten nicht salient, scheint die Übereinstimmung der Verhaltensweisen und Eigenschaften einer Person mit Führungsschemata ausschlaggebender für die Führungsrolle zu sein.
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Führungsperson als Entrepreneur der Sozialen Identität
Gemäß dem sozialen Identitätsansatz ist die Führungsperson ein aktiver Teil der Gruppe – sie wird nicht nur durch die Gruppe definiert, sondern definiert auch ihrerseits die Gruppe als "Entrepeneur".

Ziel eines solchen Entrepreneurs ist es vor allem, über eine (Re-)Definition der sozialen Identität der Gruppe die Mitglieder in Hinblick auf ein spezifisches kollektives Ziel zu mobilisieren und die eigene Position als Führungsperson zu stärken.

- Stabilisierung der eigenen Führungsposition
- Definition der „zu Mobilisierenden“
- Definition der kollektiven Ziele
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Definition der „zu Mobilisierenden“
Über eine Definition der Gruppengrenzen der Eigengruppe kann eine Führungsperson regulieren, welche Personengruppen in Hinblick auf das kollektive Ziel mobilisiert werden sollen.

Unter Umständen ist es sinnvoll, die ursprüngliche Eigengrup-pe um weitere soziale Gruppen zu erweitern, die der Erreichung des kol-lektiven Ziels dienlich sein könnten.

Bush erweiterte die Eigengruppe explizit um die arabischen Staaten, und konstruierte allein Saddam Hussein als Vertreter der Fremdgruppe. Die Eigengruppe wurde also gezielt um Nationen erweitert, mit denen die USA im Golfkrieg koalieren wollten.



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Definition der kollektiven Ziele
Welche Aktionen bei der Erreichung des kollektiven Ziels von den Eigengruppenmitgliedern als angemessen betrachtet werden, wird unter anderem darüber bestimmt, wie die Werte und Normen einer Gruppe definiert sind.

Je mehr eine Aktion oder Vorgehensweise die zentralen Werte und Normen einer Gruppe widerspiegelt, umso eher sollte sie auch kollektive Unterstützung durch die Mitglieder der Eigengruppe erfahren.

An dieser Stelle können Führungspersonen in ihrer Rolle als Entrepreneurs der sozialen Identität ansetzen, indem sie z.B. die geteilten Werte, Überzeugungen und Prioritäten der Gruppe (also den Inhalt der sozialen Identität) so darstellen, dass diese zu den eigenen Vor-schlägen zur Erreichung des kollektiven Ziels passen.
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Stabilisierung der eigenen Führungsposition
Führung zwar immer kontextabhängig: ändert sich der Intergruppenkontext, ist wohlmöglich eine andere Person prototypischer und konkurriert um die Führungsrolle.

Die Führungsperson kann z.B.
 …die Definition der sozialen Identität der Gruppe an die eigene Person anpassen. So hat z.B. Franklin D. Roosevelt Merkmale der eigenen Person (insbesondere seinen Kampfgeist in Bezug auf ei-ne schwere Nervenerkrankung mit Lähmungserscheinungen) expli-zit zur Konstruktion der sozialen Identität der amerikanischen Nati-on verwendet, indem er deren Willensstärke und Zähigkeit im Kampf gegen Widrigkeiten betont hat.
 …konkurrierende Führungsanwärter als wenig prototypisch charakterisieren. Diese Strategie wurde z.B. von Hilary Clintons Chefstra-tegen im US-Wahlkampf 2008 benutzt, indem dieser ihren Kontra-henten Barack Obama in den Medien als wenig prototypisch für die Nation der US-Amerikaner darzustellen versuchte.
 …den „passenden“ Vergleichsrahmen herstellen, indem z.B. die Eigengruppe einer Fremdgruppe gegenübergestellt wird, die einen selbst als hoch-prototypisch für die Eigengruppe erscheinen lässt.
 …die Salienz des Intergruppenkontextes entweder erhöhen (wenn sie selbst stark prototypisch ist) oder verringern (wenn sie wenig prototypisch ist).
Kartensatzinfo:
Autor: Lise Langstrumpf
Oberthema: 3407
Thema: Sozialpsychologische Ansätze der Führung
Schule / Uni: FU Hagen
Veröffentlicht: 13.12.2014
 
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